Der Tierkreis – Astronomische Grundlagen

Die Sternbilder des Tierkreises

Sonne, Mond und Sterne ziehen täglich ihre Kreise über das Himmelsgewölbe. Diese Bewegung wird von der Rotation der Erde verursacht, die sich in 24 Stunden einmal um ihre Achse dreht. Es gibt zwei Punkte am Himmel, die sich nicht bewegen: auf der Nordhalbkugel der "Polarstern" als Verlängerung des Nordpols, auf der Südhalbkugel das Kreuz des Südens. In der Mitte zwischen diesen Himmelspolen liegt als unendliche Ausdehnung des Erdäquators der Himmels-äquator. Er ist Grundlage der astronomischen Koordinaten und hat eine Stundenskala – die 24 Stunden der Erddrehung in "Sternzeit".

Die zweite wichtige Ebene, die Ekliptik, ist die der Erdbahn um die Sonne. Schauen wir am Tag von der Erde auf die Sonne (erste Grafik), so steht diese an einem Punkt dieser Ekliptik vor dem weit entfernten Sternhimmel. Selbstverständlich gibt es auch hier Sterne, die wir jedoch nicht sehen, weil die Atmosphäre unserer Erde das Sonnenlicht zu einem gleichmäßigen Himmelsblau streut, das die Sterne am Tag überstrahlt. Nachts dagegen sehen wir die Sterne am entgegengesetzten Abschnitt der Ekliptik vor dem dunklen Nachthimmel. Da sich die Erde nun pro Jahr einmal um die Sonne dreht, läuft die Sonne (scheinbar!) jährlich einmal vor allen Sternbildern in der Ebene der Ekliptik vorüber.

Frühling/Sommer (Mitte Juni, Abbildung 1):

Dieser durch die Erdbahn (Ekliptik) festgelegte Großkreis am Himmel heißt auch Tierkreis, weil die Sternbilder, die dort liegen – Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische – in der Fantasie der antiken Sternenbeobachter vorwiegend Tiergestalten entsprachen. Genaugenommen liegt auch noch das Sternbild "Schlangenträger" auf der Ekliptik, aber den antiken Menschen war die Zahl 13 nicht geheuer. So wurden sowohl die fast genau 13 Mondzyklen pro Jahr auf 12 Monate und die 13 Ekliptik-Sternbilder auf die 12 Sternbilder des Tierkreises pro Jahr verkürzt.

Die beiden Grafiken zeigen zur Veranschaulichung die Verhältnisse Mitte Juni (Sommersonnenwende, obere Grafik) und Mitte Dezember (Wintersonnenwende, untere Grafik). Im richtigen Verhältnis zur Größe der Erdbahn gezeichnet wäre die Erde allerdings viel kleiner als ein Nadeleinstich, und die ersten Sterne wären etwa 20 km entfernt!

In der oberen Grafik sieht man, dass ein mitteleuropäischer Beobachter am Mittag (links auf der Erdkugel) die Sonne hoch am Himmel oberhalb des Himmelsäquators vor dem Gehörn des (am Tag natürlich unsichtbaren) Sternbildes Stier sieht, während der mitternächtliche Beobachter (rechts auf der Erdkugel) weit unterhalb des Himmelsäquators und dicht über dem Horizont den Stachel des Skorpions im Süden erblickt. Da die auf der "Sommerseite" der Erdbahn liegenden Tierkreis-Sternbilder Waage, Skorpion, Schütze und Steinbock sämtlich unter dem Himmelsäquator liegen und in den selten ganz dunklen Sommernächten nur außerhalb der Städte am Horizont zu sehen sind, sind sie viel weniger bekannt als die "winterlichen" Sternbilder - vor allem die auffälligen Sternbilder Stier, Zwillinge und Löwe - die in klaren Winternächten sogar in Städten hoch am Himmel beobachtet werden können.

In der unteren Grafik – inzwischen hat sich die Erde von rechts nach links gegen Uhrzeigersinn halb um die Sonne gedreht, wobei die Sonne vor den Sternbildern Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau und Waage entlangwandert – sieht der nächtliche Beobachter jetzt das Sternbild Stier hoch am Nachthimmel, wo im Sommer noch die Sonne am Tageshimmel stand, während am Tage jetzt die Sonne nicht weit über dem Horizont vor dem nun unsichtbaren Sternbild Skorpion steht.

Herbst/Winter (Mitte Dezember, Abbildung 2):

 

Der STAR-EO®-Tierkreis in 3-D-Darstellung

Das Tierkreis-Poster zeigt nun die Sternbilder des Tierkreises in einer für uns völlig ungewohnten Sicht: Es ist der Blick eines fiktiven Astronauten, der 1000 Parsek (etwa 3250 Lichtjahre, aus einem Parsek Entfernung erscheint der Abstand Erde-Sonne gerade 1 Bogensekunde, also 1/3600 Grad klein) in Richtung Polarstern (oder Himmels-Nordpol) von der Erde weggeflogen ist und nun zurück auf die Erde schaut. Im Zentrum der Grafik steht das Sonnensymbol (), das auch den Ort der Erde kennzeichnet (in diesem Maßstab ist die Erdbahn gerade 20 Millionstel Millimeter klein). In der Bildebene liegt der Kreis des Himmelsäquators mit seiner Stundenskala und der Skala für die Entfernung der Sterne von der Sonne. Er wird von der schräg dazu liegenden Ekliptik durchschnitten – von oben vorne nach unten hinten. Die Schnittlinie zwischen den Ebenen verläuft entlang der 0h und 12h-Marke, die den Frühlingsbeginn und den Herbstbeginn markieren. Entlang der Ekliptik ist sowohl eine Monats-(Tages-)skala angebracht, die zeigt, an welcher Stelle der Ekliptik die Sonne im Verlauf des Jahres steht, als auch die Tierkreis-Abschnitte der Astrologie mit ihren Symbolen.

Soweit das Gewohnte. Während ein irdischer Beobachter die Sterne vom Bildzentrum aus in der Ekliptik-Ebene nach außen beobachtet und die Sterne auf eine scheinbare Himmelskuppel als "Sternbild" projiziert sieht (hier am Beispiel Stier), sieht unser Astronaut die tatsächliche Verteilung der Sterne im Raum (und hier eben in 3D!). Dabei wird klar, daß nur wenige Sterne, die wir als Sternbild als zusammengehörig sehen, physikalisch etwas miteinander zu tun haben. Hier sind das nur die Sterne der Hyaden und der Plejaden, zweier junger Sternhaufen. Die anderen Sterne sind sehr weit im Raum verteilt. Die Sternbilder, wie wir sie kennen, gibt es also nur für die Menschen auf der Erde! Eine 3-D Darstellung der Tierkreis-Sternbilder aus irdischer Sicht finden Sie im Internet unter www.stareo.de

Abbildung 3

Der Tierkreis in der Astrologie

Als sich vor über 2000 Jahren die (westliche) Astrologie entwickelte, glaubten die Menschen, daß die Sternsphären als Sitz der Götter die Geschicke der Menschen bestimmten. Sonne, Mond und Planeten sollten auf charakteristische Weise auf das Leben auf der Erde einwirken. Dabei schien die Wirkung davon abzuhängen, vor welcher Stelle des Tierkreises die jeweiligen Himmelskörper gerade standen. Als "himmlische Uhr" für die jeweilige Planetenpositionen teilten die Astrologen den Tierkreis in 12 gleichlange Abschnitte ein, die sie nach den darin befindlichen Tierkreis-Sternbildern benannten: Widder, Stier... bis Wassermann. Das Haupt-Sternzeichen ist jener Abschnitt, der bei der Geburt hinter der Sonne liegt, der Aszendent derjenige Abschnitt, der während der Geburt gerade über dem örtlichen Horizont aufsteigt, u.s.w.

Nun sind die astrologischen Charaktere wie unser Kalender an die Jahreszeiten gebunden: Der Frühlingsbeginn sollte immer beim gleichen Datum liegen, und "Steinböcke" sind immer Winterkinder. Die Jahreszeiten werden aber nicht durch die Position der außerordentlich weit entfernten Sterne bestimmt, sondern dadurch, in welche Richtung die Erdachse relativ zur Sonne geneigt ist. Neigt sich der Nordpol der Erdachse zur Sonne hin, steht von der Nordhalbkugel aus gesehen die Sonne über dem Himmelsäquator (Grafik 1): es ist Sommer. Ein halbes Jahr später – die Erdachse behält ihre Richtung im Raum bei – zeigt der Nordpol der Erdachse also von der Sonne weg, so daß auf der Nordhalbkugel Winter herrscht: Die Sonne steht hier tief unter dem Himmelsäquator, während die Südhalbkugel sommerlich warm ist. Die Erde mit ihrer schräg stehenden Rotationsachse gleicht im Kraftfeld von Mond und Sonne jedoch einem Kreisel: Ihre Rotationsachse präzediert, sie dreht sich also in etwa 26 000 Jahren einmal um die Rotationsachse der Erdbahn und beschreibt dabei einen auf der Spitze stehenden Kegel. Dabei dreht sich natürlich auch die Ebene des Himmels- (Erd-)äquators mit und "trudelt" gleichsam wie ein auf dem Tisch tanzender Teller.
Dadurch wandert der Punkt auf der Erdbahn (gemessen am Sternhimmel), an dem die Erdachse genau senkrecht zur Linie Erde-Sonne geneigt ist (also ‚gegen Fahrtrichtung‘), ebenfalls in 26 000 Jahren einmal im Uhrzeigersinn um den ganzen Tierkreis. Dieser Punkt, an dem Tag und Nacht genau gleichlang sind, bestimmt also den Frühlingsbeginn und heißt daher Frühlingspunkt. Er bestimmt gleichzeitig die astrologischen Charaktere. Seit der Festlegung der Charaktere in unserer Astrologie ist dieser Punkt also etwa ein Sternbild weitergewandert. Die Tierkreisabschnitte der Astrologie sind aber noch immer nach den Sternbildern benannt, die vor 2000 Jahren dort zu sehen waren. So entsteht heute leicht Verwirrung darüber, daß der Abschnitt Stier in unserer Epoche etwa mit dem Sternbild Widder zusammenfällt, also der ganze Kreis um etwa einen Monat verschoben ist. Auf dem Poster ist sowohl die Verschiebung der Tierkreisabschnitte gegen die (mit lateinischen Namen) gekennzeichneten Sternbilder zu sehen als auch die Neigung der Ekliptik gegen den Himmelsäquator.

 

Und noch einige astronomische Details...

Die Positionen der Sterne in dem Kreisdiagramm des Posters sind aus den Positions- und Entfernungsdaten des Sternkataloges des Smithsonian Astrophysical Observatory (Cambridge, USA) berechnet. Die Auswahl der dargestellten Sterne ist der Übersichtlichkeit wegen auf jene Sterne beschränkt, die nach üblichen Darstellungen mit (gedachten) Linien verbunden werden, um die Erkennung und Einprägung des "Musters" der Konstellationen zu unterstützen. Die Linien sind hinzugefügt, um eine Identifikation der Konstellationen mit der "irdischen Sicht" überhaupt möglich zu machen. Sie sind mit der Linienstruktur der Stareo®-Grafiken aus irdischer Sicht (siehe www.stareo.de) identisch. Außerdem ist dadurch die Zugehörigkeit der Sterne zu einem Sternbild eindeutig, da alle Sterne eines Sternbildes mit Linien verbunden sind. An einer dieser Linien ist der lateinische Name des Sternbildes verzeichnet. Von dort aus läßt sich das Sternbild also rekonstruieren. Gleichzeitig machen die Linien aber auch anschaulich, wie weit Sterne, die im "Sternbild" nebeneinanderliegen und "verbunden" sind, oft im Raum (in radialer Richtung) entfernt stehen. Da die Linien nach strukturellen Kriterien gewählt werden, verbinden sie allerdings nicht immer die hellsten Sterne einer Konstellation. Daher enthält die Grafik nicht immer die lückenlose Reihe der jeweils hellsten Sterne eines Sternbildes.

Über die Gedankenlinien hinaus sind (fast) alle Sterne mit einer eindeutigen Bezeichnung versehen. Es hat sich in der professionellen Astronomie eingebürgert, die Sterne eines jeden Sternbildes nach ihrer Helligkeit geordnet mit Buchstaben des griechischen Alphabets (a, b, g, d...) zu bezeichnen. Dabei gibt es historisch bedingt ein paar Sonderregelungen (so für veränderliche Sterne) und Abweichungen. Einige Sterne, die keinen griechischen Buchstaben tragen, sind mit Zahlen bezeichnet. Diese Beschriftung ermöglicht ebenfalls, mit einem traditionellen Himmelsatlas oder einer Stareo®-Karte jeden einzelnen Stern genau zu identifizieren.

Die Skala der Abstände der Sterne von der Erde bzw. Sonne im Zentrum des Kreisdiagramms in fünf konzentrischen Kreisen reicht nur bis 250 Parsek (etwa 810 Lichtjahre), um eine Auflösung der einzelnen Sterne in Sonnennähe gerade noch zu ermöglichen. Einige der helleren Sterne unseres Nachthimmels sind jedoch Riesen- und Superriesensterne in Entfernungen bis zu 1500 Parsek, die wir wegen ihrer enormen Leuchtkraft vom hundert- bis tausendfachen der Sonne aus so großen Entfernungen auch mit bloßem Auge noch gut sehen können. Sie sind am äußeren Rand des Kreisdiagramms mit einem Pfeil in Richtung ihrer tatsächlichen Position und der Entfernung in Parsek dargestellt.

Wie in allen Sternkarten üblich, wird die (subjektive) Helligkeit der Sterne durch die Größe der Sternscheiben dargestellt. Die scheinbare Helligkeit aus der Perspektive unseres fiktiven Astronauten am Himmelsnordpol entspricht aber natürlich nicht der Helligkeit, die wir am irdischen Nachthimmel sehen. Da im Kreisdiagramm alle Sterne (bis auf etwa 20% Unterschiede) gleichweit vom Beobachter entfernt sind, sieht er sie im Verhältnis ihrer Leuchtkräfte, also mit ihren "absoluten Helligkeiten". Hier sind die absoluten visuellen Helligkeiten Mv in acht Stufen von + 6 bis – 8 in Stufen von jeweils zwei Größenklassen dargestellt.

Von den Himmelskoordinaten der Sterne ist nur die Rektaszension direkt wiedergegeben. In der 3-Uhr-Position liegt der Frühlingspunkt als Nullpunkt der 24-Stunden-Skala, die wegen der Drehrichtung gegen den Uhrzeigersinn definiert ist. Auf diese Weise bewegen sich die Sonne auf der Ekliptik und die Erde bei ihrer täglichen Drehung in aufsteigender Zeitrichtung. Die Deklination oder Höhe eines Sternes über dem Himmelsäquator erschließt sich indirekt beim dreidimensionalen Sehen der Grafik als Abstand der Sterne von der Bildebene. Sterne, die scheinbar vor der Bildebene stehen, haben einen positiven Wert, Sterne unterhalb der Bildebene einen negativen Wert der Deklination. Der subjektiv empfundene Neigungswinkel der Ekliptik hängt vom Abstand des Betrachters vom Poster ab. Der geometrisch korrekte Neigungswinkel von 23,7 Grad wird etwa bei 1,80 m Abstand gesehen. Bei dieser Entfernung ein scharfes 3-D-Bild zu sehen, erfordert eine gewisse Übung, ermöglicht aber erst ein gleichzeitiges Erkennen aller Details in der Grafik. Größere Betrachterabstände führen subjektiv zu einem steileren Neigungswinkel, damit aber auch zu einer deutlicheren Tiefenauflösung der Grafik.

Bei der Darstellung des Sonnenstandes entlang der Ekliptik wurden lediglich die Monatsabschnitte gekennzeichnet, weil die jährliche Position der Sonne um etwa einen Tag (1 Grad) schwankt. Die Jahreslänge ist keine ganze Anzahl von Tagen, so daß dieselbe Sonnenposition im Folgejahr auf eine andere Tageszeit fällt. Bei jeder Schaltjahrkorrektur verschiebt sich die Position dann wieder um etwa einen Tag zurück. Die eingezeichnete Skala entspricht einem normalen Jahr mit 365 Tagen und ist wegen dieser Schwankungen nur auf etwa 3mm genau zu interpretieren.

Interessant ist die ungleichmäßige Verteilung der Sterne entlang der Rektaszension: Im Bereich der Sternbilder Virgo (Jungfrau) und Pisces (Fische) sehen wir schräg aus der Scheibe der Milchstraße heraus, deren Sterndichte senkrecht zur Scheibenebene nach einigen hundert Parsek bereits deutlich abnimmt. Daher ist hier die Wahrscheinlichkeit, einen 1000 Parsek entfernten Riesenstern zu sehen, deutlich niedriger als in der Scheibenebene.